Motivationsseminar „Gegensteuern“ für versetzungsgefährdete Schüler der 8. Jahrgangsstufe
Die angesprochenen Jugendlichen der 8. Klassen haben einen immensen Bedarf an Motivation, also am Erlernen von spezifischen Fähigkeiten, wie es im Jugendlichen-Programm ‚ich schaff’s‘ von Bauer/Hegemann dargelegt wird:
- Eine Zielorientierung, die es aus vagen, aber wirksamen Zukunftsvisionen zu konkretisieren gilt,
- Sie benötigen eine verbesserte Konzentrations- und Merkfähigkeit,
- ein Selfmanagement bezüglich Organisation von Lern- und Freizeit, sozialen Medien und Arbeitsumgebung
- Umgang mit Stress
- Lern- und Arbeitsstrategien
- Mündliche Mitarbeit im Unterricht
Um die neuen Fähigkeiten kennenzulernen, auszuprobieren und über mögliche Veränderungen zu reflektieren, erhalten die teilnehmenden Jugendlichen die Gelegenheit zweieinhalb Tage lang - fern von Schule und Unterricht – dies in einem Jugendhaus zu üben. Bereits diese ‚Vergünstigung‘ weckt in den betroffenen Jugendlichen eine Überraschung, da sie eher noch mehr Pauken erwarten.
Dieses Seminar findet zum Ende des ersten Halbjahres statt, wenn die Fachlehrer ihre Noten bereits in den Notenbogen eingetragen haben. Die Zahl der SchülerInnen, die teilnehmen dürfen, ist begrenzt; bevorzugt werden versetzungsgefährdete SchülerInnen mitgenommen, aber auch gute Schüler profitieren von dem Konzept. Das Seminar ist allerdings nur der Beginn einer engen Begleitung der Jugendlichen in Zusammenarbeit mit den Fachlehrern über das zweite Halbjahr hinweg.
Der Ablauf
Nach einer kurzen Problemanalyse, weshalb die Jugendlichen nun hier sind, soll rasch der Blick auf die potentielle Zukunft gerichtet werden. Dem lösungsorientierten Ansatz wurde also die Zukunftsvision entnommen. Nach einer eingehenden Entspannung wurden die Jugendlichen in einer geleiteten Phantasiereise unterbewusst zu ihren Stärken, aber auch ihren Ängsten und in stressige Situationen geführt; sie sollten sich ihre weit entfernte Zukunft (ca. 20 Jahre später) nach ihren Wünsche vorstellen und ‚sehen‘, was sie selbst für diese gute Zukunft tun können. Sowohl ihre Stärken als auch die gute Zukunft sollen sie im Anschluss in einem Bild malen.
Diese Visionen (ein bestimmter Beruf, Reichtum, Familienleben etc.) wird nun im Gespräch so in Teilschritte zerlegt, dass die Voraussetzungen dafür deutlich wurden, z.B. das Abitur, die mittlere Reife oder naheliegend, das Bestehen der 8. Klasse. Die unklare bzw. nicht reale Vision wurde nun in mögliche und v.a. näher liegende Teilziele bis zur nächsten Schulaufgabe kleingearbeitet. Um Vertrauen in deren Erreichen zu entwickeln, betrachten die Jugendlichen nun, welche ihrer Stärken, sprich Ressourcen ihnen dabei nutzen könnten. Diese Ressourcen liegen nicht notwendigerweise im schulischen Bereich; sie können auch sportlichen, musischen oder sozialen Fähigkeiten etc. entnommen werden.
Der Nutzen, den die Jugendlichen davon haben, wenn sie ihr Ziel erreichen, war vielen klar:
- Weniger Ärger mit den Eltern und
- mehr Selbständigkeit und Unabhängigkeit
- mehr Ansehen unter den Mitschülern und nicht zuletzt
- das Vorrücken in die nächst höhere Klassenstufe.
Das Erlernen der Fähigkeiten oder vom Ist- zum Zielzustand
Zunächst sollen die Schüler eine Bestandsaufnehme machen, wie sie bisher ihren Tag verbrachten, auch unter Einbeziehung der Mediennutzung. Einen Tag der vergangenen Woche sollen die Jugendlichen so genau erinnern, wie möglich und dabei den zeitlichen Rahmen für die einzelnen Tätigkeiten angeben. Dies führt ihnen den bisherigen Umgang mit der Zeit, sprich auch den Leerlauf bzw. die Zeit am Smartphone, in sozialen Netzwerken oder um Filme anzusehen, vor Augen. Zur Bestandsaufnahme gehört des Weiteren die Überlegung, was die Schüler bisher daran hinderte, Erfolg zu haben, und welche (negativen) Glaubenssätze sie bereits verinnerlicht hatten.
Fähigkeit, Ressourcen zu nutzen
Als Einleitung zum Wechsel Richtung Zielzustand führen die Jugendlichen ein Interview zu dritt durch, in dem die Ressourcen herausgearbeitet werden (Triple-Übung nach Ben Furman):
- Einer berichtet von einem schulischen/außerschulischen Erfolg
- Die Anderen fragen nach: „Wie hast du das genau hingekriegt? Wo warst du genau? Welche Haltung hast du genau eingenommen? Wer hat dir dabei geholfen?“
- Sie äußern Anerkennung: Wow!
- Der eine nimmt die Anerkennung an: „Ja, das stimmt. Das habe ich wirklich gut gemacht.“
Diese Übung fällt v.a. dem/der erzählenden Jugendlichen sehr schwer, da ihnen wenig Erfolgssituationen einfallen. Dies liegt vermutlich an den Ansprüchen, die die Jugendlichen an sich selber stellen, so dass sie zunächst nur richtige ‚Kracher‘ als Erfolg werten können. Eine andere Ursache sind auch die vielen Misserfolgserfahrungen, die sie bisher hatten, und der Fokus auf diese.
Im Plenum wird nun besprochen, wie diese Ressourcen auf den schulischen Alltag übertragen werden können.
Fähigkeit des positiven Denkens
Ebenso haben die Jugendlichen Gelegenheit , ihre negativen Glaubenssätze in positive Affirmationen umzuformen, Sätze mit ‚nicht‘ oder ‚kein‘ durch eine positive Alternative mit einem aktiven Verb zu ersetzen: „Ich will keine Fünf mehr im Zeugnis haben“ in „Aus meinen Fünfen mache ich mindestens lauter Vierer.“
Fähigkeit des Zeitmanagements
Statt des vielen unbefriedigenden Leerlaufs in den Tagesabläufen der Jugendlichen oder die stundenlange Beschäftigung mit dem Smartphone oder PC für What’sApp- Nachrichten bzw. um Filme anzuschauen, können sie jetzt die Zeit strukturieren und eigenverantwortlich und aktiv in sogenannte Arbeitsphasen und Pausenzeiten gestalten. Als Vorlage dazu dient Ihnen ein Wochenplan, der entsprechend eines Stundenplanes für den Nachmittag eingeteilt ist.
Fähigkeit des reflexiven Arbeits- und Lernstils
Die Jugendlichen lernen nun die fünf Schritte zum reflexiven Problemlösen einer Aufgabenstellung:
- Genaues Durchlesen des Arbeitsauftrags
- STOP! Was soll ich tun? (Wiederholung mit eigenen Worten)
- Verknüpfungen herstellen: Was weiß ich bereits darüber?
- Auswählen einer Lösung
- Bekanntgabe der Lösung: erst jetzt schreibe ich die Lösung auf!
Fähigkeit zur mündlichen Mitarbeit
Die Jugendlichen können sich Rückmeldung über die Aussagen ihrer Mimik und Körperhaltung geben. Dadurch erfahren sie, wie welche Signale sie bei den Lehrern bezüglich Interesse am Unterricht senden. Sie lernen, durch veränderte Körperhaltung, Sprache und gezielte Fragen diese Signale zu verändern.
Anwendung
Die Jugendlich erhalten nun die Gelegenheit im geschützten Rahmen des Seminars und mit Begleitung der Trainer, diese neuen Fähigkeiten in Kleingruppen ganz konkret an den Fächern auszuprobieren, in denen sie sich noch verbessern können. In den Kleingruppen war es möglich, ihnen unmittelbare Rückmeldungen zu geben, inwieweit sie die neuen Fähigkeiten bereits anwenden.
Stufenplan – Time Line
In Anlehnung an die Übung aus dem NLP erarbeiteten die Jugendlichen die feststehenden Termine des zweiten Halbjahres vom Ende her
- Das Jahresendzeugnis Die Pfingstferien
- Die Osterferien (beide mit genauem Datum versehen!)
- Die Feiertage wie Christi Himmelfahrt und Fronleichnam
- Und jeweils dazwischen ihren persönlichen Schulaufgabentermine, Termine für mögliche Exen und Referate
- Und schließlich:
den 1. Schultag nach dem Seminar.
Diese Termine halten die Jugendlichen auf Kärtchen fest, um sie dann anschließend in einer Partnerübung in umgekehrter Reihenfolge auf einem Seil abzulaufen. Die Aufgabe des Partners ist es, die einzelnen Schritte mit folgenden Fragen zu begleiten. Erst wenn der Übende sich sicher fühlt, wird der nächste Schritt begleitet.
Ein Helfer-System installieren
Für die Jugendlichen ist es wichtig, ein soziales Netzwerk zu installieren, damit sie auf dem schwierigen Weg, von der Vermeidung her durch Selbstwirksamkeit ein angemessenes Lernverhalten zu entwickeln, eine Unterstützung erhalten. Dabei wird die Aufgabe des Helfers genau beschrieben. Er soll Zuversicht vermitteln, vor allem in Zeiten von Rückschlägen. Der einzelne Jugendliche soll sich nun genau überlegen, welchen Helfer er für geeignet hält.
Damit das Helfersystem und die neuen Fähigkeiten eine gewisse Verbindlichkeit haben, schließen die Jugendlichen mit sich selbst einen Lernvertrag, in dem ihre Helfer benannt und die Fähigkeiten aufgeführt sind, die jeder einzelne von ihnen lernen möchte. Ferner wird ein visualisierter Zielzustand benannt wie z.B.“Ich werde am … in die nächst höhere Klasse versetzt“. Der Lernvertrag wird sowohl vom Jugendlichen, als auch von dessen Helfer, der eine Kopie davon erhält, unterschrieben.
Los geht’s!
Der erste Schritt für die Jugendlichen beginnt dort, wo die engmaschige Betreuung durch die Coaches endet. Da das Seminar am Freitag-Mittag endet, und für viele Jugendliche in der Woche darauf Schulaufgaben anstehen, sollte der erste Schritt am Sonntag mit Vorbereitungsarbeit beginnen. Dies wurde mit jedem einzelnen ganz konkret besprochen.
In der darauffolgenden Woche findet ein Elternabend statt, an dem die Jugendlichen ihre Ergebnisse vorstellen können. Die Eltern – sollten sie nicht bereits von den Jugendlichen als solche gewählt worden sein - werden von den Coaches als zusätzliche Helfer eingebunden.
Ein Fest feiern
Bereits im Seminar wurde darüber nachgedacht, wie sich die Jugendlichen bei einem sich allmählich einstellenden Erfolg belohnen und sich damit weiter motivieren wollen.
Es wird ins Auge gefasst, dass am Ende des Schuljahres alle teilnehmenden Jugendlichen gemeinsam mit den Helfern und Trainern ein Fest feiern wollen. Bei der Planung der Feier trat die Frage auf, ob auch jene Jugendliche teilnehmen dürfen, die das Klassenziel nicht erreicht haben bzw. die aufgrund der begleitenden Beobachtung durch die jeweiligen Fachlehrer ihr Lernverhalten nur wenig geändert haben. Wir haben uns letztlich dafür entschieden, die Feier mit allen Jugendlichen durchzuführen.
Nachbetreuung: Umgang mit Rückschlägen
Im Lernvertrag verpflichteten sich die Jugendlichen auch zu einer weiteren Teilnahme an drei Nachbetreuungsterminen, damit das Besprochene sofort in den Schulalltag umgesetzt werden kann. Bei diesen Treffen werden v.a. die bisherigen Erfolge gewürdigt und die nächsten Schritte besprochen. Bei Rückschlägen überlegen wir gemeinsam, welche der Fähigkeiten möglicherweise noch zu verbessern wären und wie sich der Helfer dazu besser einbringen kann.
Hilfreich ist ein Reframing, nämlich Rückschläge als Hinweise zu betrachten, sein (Lern-) Verhalten zu verändern und weitere Ressourcen zu aktivieren.
Abschließende Bemerkungen
Da das Konzept ‚Gegensteuern‘ von Beginn an bereits mit einer paradoxen Intervention startet, bei der die Jugendliche mit einer gefährdeten Versetzung zunächst eben nicht damit rechnen, eine ‚Vergünstigung‘ zu erhalten, führt dies allein schon zu einer motivierten Mitarbeit. Ob es aber in der vorliegenden Version, Beschränkung der Unterstützung auf das zweite Halbjahr der achten Klasse, ausreicht, Jugendliche langfristig zur Verhaltensänderung zu bewegen, ist zu bedenken. Deshalb sollte an eine weitere sporadische Betreuung in den folgenden Schuljahren gedacht werden.
Abschließend bleibt zu bemerken, dass das Seminar sowohl die Trainer als auch die Jugendlichen als äußerst positiv wahrnehmen.
'Gegensteuern' - das Motivationsseminar vom 10. - 12. Februar 2011 in Forchheim - ein Bericht
Am Donnerstag gleich nach der Schule ging es los. Wir fuhren mit dem Zug nach Forchheim zum Motivationstraining. Die Zimmer wurden verteilt, und wir trafen uns gleich zu unserer ersten Arbeitseinheit. Als Vorbereitung zeigten uns Frau Bli3nedieirw, Frau Bpoylts2ignsgdeir6 und Herr H2axidmseir4lc verschiedene Lebensweisheiten und wir sollten uns dann eine davon aussuchen. Als nächstes teilten wir uns in zwei Gruppen auf. Die einen machten mit Frau B8ivnmdwezrf eine Fantasiereise und sollten danach ihre Stärken und Schwächen sammeln und sie zusammen mit ihren Lebenszielen auf Plakate malen. Die anderen sollten mit Herrn Hdadikmuehrxlw und Frau B6o8las8iun3gde2rx ihre Stärken und Schwächen aufschreiben und in der Gruppe besprechen. Danach hatten wir noch etwas Zeit für uns. Wir packten unsere Koffer aus, bevor wir zum Abendessen in die Cafeteria gingen. Nach dem Essen folgte eine weitere, kürzere Arbeitseinheit, in der die Gruppen getauscht wurden, so dass am Ende des Tages jeder der Teilnehmer beide Übungen gemacht hatte. Schließlich gingen wir alle in die Betten, doch es wurde noch eine lange Nacht für uns und für die Lehrer, die auf den Gängen patroulierten.
Am Freitag fingen wir gleich nach dem gemeinsamen Frühstück an zu arbeiten, da am Abend eine Überraschung auf uns wartete. Zum Beispiel ermittelten wir unsere Lerntypen und prüften uns auf die Krankheit „Aufschieberitis“. An diesem Tag lernten wir außerdem viele verschiedene Entspannungsund Motivationstechniken kennen,die uns später in Schulaufgaben und im Schulalltag helfen sollten. Wir lernten, unseren Tag zu planen und zu strukturieren. Anschließend übten wir noch an unserem „schwachen“ Fach, das Gelernte anzuwenden. Am Abend machten wir noch in Zweiergruppen eine Timeline für die kommende Zeit, um unsere Ziele besser vor Augen zu haben. Am Abend wurden wir auf unsere Zimmer geschickt, damit die Überraschung vorbereitet werden konnte, und wenige Zeit später wieder nach unten gerufen. Der Jongleur Tiivm7 nLciepqpjekrtts aus Amerika sollte uns Jonglieren beibringen, da dies die Zusammenarbeit der beiden Gehirnhälften trainiert. Bei manchen klappte es schon nach wenigen Versuchen, andere schafften es am ganzen Abend nicht richtig, doch trotzdem hat es uns allen sehr sehr großen Spaß gemacht. Doch der Höhepunkt des Abends war die tolle Vorführung des Jongleurs, der mit Keulen, Tüchern und bis zu sieben Bällen jonglierte. Leider war der Raum aber zu niedrig um es mit noch mehr Bällen zu versuchen. An diesem Abend flog auch noch ein Hausschuh aus dem Fenster, was natürlich wirklich sehr lustig war, da er jetzt immer noch auf dem Dach der Eingangshalle liegt. Vielleicht könnten ja die nächsten Besucher des Motivationsseminars einmal nach ihm sehen.
Am letzten Tag hatten wir noch eine sehr kurze Übungseinheit, in der wir uns unter anderem über die Gestaltung des nachfolgenden Elternabends unterhielten. Danach ging es wieder nach Hause nach Nürnberg.
Auch nach dem Wochenende trafen wir uns noch zweimal mit der Gruppe und danach in Einzelgesprächen, um unsere Fortschritte zu besprechen.
Wir haben an diesem Wochenende gelernt, wie man im Unterricht gute mündliche Noten bekommt. Uns wurde gezeigt, dass Schule viel Arbeit ist und man sich anstrengen muss, aber dass es nicht das ganze Leben ist, und auch Belohnungen sein müssen. Die vielen Übungen, um uns zu konzentrieren und den Kopf frei zu bekommen, haben uns allen vieles erleichtert und uns weitergeholfen. Ich fand es auch sehr interessant, sich mit seinen Zielen zu beschäftigen,da ich mir über diese eigentlich noch nie so große Gedanken gemacht habe. Ich würde das Gegensteuern jedem empfehlen, der wissen möchte, wie man lernt, oder der Probleme in der Schule hat. Ich denke, uns allen hat es riesigen Spaß gemacht und das Wochenende hat jedem Einzelnen etwas gebracht.
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